Regionale Akzente

Inspiriert durch einen ähnlichen Faden drüben bei AOX: wie wärs, wenn wir uns auch hier einen Thread zu den unterschiedlichen regionalen Akzenten aufbauen würden?

Ich meine damit ausdrücklich nicht die nicht-französischen, sogenannten Regionalsprachen, die da und dort schon Thema waren in diesem Forum (Bretonisch, Elsässisch, Korsisch, Okzitanisch etc). Sondern alle die Färbungen im Französisch, die man in den verschiedenen Landesgegenden zu hören bekommt (ja, es gibt sie - manchmal - noch!!).

Michelmau hat schon von der Auvergne berichtet, wo offenbar das -s- manchmal zum -sch- wird.

Ich selbst bin jeweils ganz begeistert von den a’s, die o’s werden bei den ch’tis im Norden :smiley: (habe gerade wieder eine Dosis voll gekriegt, auf einem kleinen Ausflug in Arras und Umgebung :sunglasses: ) Ce n’est po lo bo (pas là-bas) :smiley: Bitte korrigiert mich, chers ami(e)s du Nord, wenn ich das falsch wiedergebe!

Aus einem Faden drüben bei AOX hab ich in Erinnerung, dass im Osten (Champagne?) offenbar nicht immer unterschieden wird zwischen è und é, dass also lait (Milch) nicht lä, sondern lee ist. Wie war das nochmal genau, Michelmau? Wird in der Champagne auch aus jedem j’ai ein « schee? »

Überhaupt dünkt mich, dass diese Unterscheidung nicht (mehr?) immer so gemacht wird, wie sie im Schulbuch steht - auch in Paris nicht! :unamused:

Und dann habe ich noch einen Fahndungsauftrag an die Forumgemeinde: Ich habe eine Aussprache von « alors » im Ohr, die ich nicht regional zuorten kann (was mich natürlich ärgert :smiling_imp:) nämlich ein ganz geschlossenes, statt offenes -o-! :unamused: In französischer Orthographie in etwa: alaurs. Frage deshalb: Wo spricht man alors aus wie alaurs?

Auch die « Banlieue » (ein weites Feld, ich weiss) hat ihre Akzente. Wie stark ist eigentlich die « soziale » Komponente bei den Akzenten in Frankreich (im Gegensatz zur rein geographischen Komponente) ?

Vom Süden und seinen Akzenten will ich mal gar nicht anfangen, da gibts berufenere Ohren dafür! :laughing:

Was sind Eure Beobachtungen zu dem Thema?

:astonished: Schwierig zu sagen für den germanophilen Bayern :wink: der sich hauptsächlich mit der « hochfranzösischen Schulsprache » herumschlägt.
Was das mir am besten bekannte Ecke betrifft, also Marseille, so ist mir beim Choumoloto mal erklärt worden, dass der waschechte Marseiller Zahlen anders ausspricht, als der gewöhnliche Franzose…
… nämlich treize statt treiz[e] und trentetrois statt trent[e]trois oder soixantequatorze statt soixant[e]quatorze[e]

Danach ist mir klar geworden warum der Marseiller auch

Marseille sagt und nicht Marseill[e], dass er also das alleinstehende e am Ende eines Wortes eher ausspricht ohne es aber groß zu betonen… also nicht wie bei é oder er wo das Ende ja betont wird.

Mal schauen was die waschechten Franzosen hier auf dem Forum zu meinen Beobachtungen sagen…

Salut ensemble…

Mir ist vor Jahren aufgefallen, dass ich all meine, hart in der Schule erlernten, Französischkenntnisse wohl oder übel über Bord werfen kann, weil sich die Südfranzosen so oder so in dem ihnen eigenen Slang verständigen…
da wird aus einem Satz wie : toute en avant etwas ähnliches wie tuanavang… oder combien heist dann plötzlich combieng

Wenn man sich allerdings darauf konzentriert, versteht man es mit der Zeit ganz gut…
(nur lasse ich persönlich es tunlichst sein, in gleichem Akzent zu antworten, das tönt dann wie wenn ein anderssprachiger versucht Schweizerdeutsch zu sprechen… also eher lustig als richtig… :smiley: )

salutations de la suisse…

Côtier

Das mit dem gesprochenen E gilt für den ganzen Süden, auch im Westen :wink:

Der lustigste Akzent ist zweifellos der im Québec ^^
youtube.com/watch?v=5lB-AX8_lSA

Gut zu wissen… :astonished:
Und dieses schbohnse für je pense oder schwi für je suis ist das auch geographisch zuzuordnen ?

Nein, das hört man überall

jpenss (je pense), schui (je suis), schais (je sais). Im Internet schreiben sogar viele „ché pa“ für „je ne sais pas“, weil es der Ausprache ähnlich ist :wink:

Jean-Michel Aphatie (der 2. Mann im Video), Journalist, spricht mit schönem südwestliche Akzent ^^
youtube.com/watch?v=20t-AY6jiDQ

Ich denke,daß die meisten französischen Akzente ihre Herkunft in einem früheren linguistischen Substrat haben. In der okitanischen Sprache , südlich vom Loire- Strom, in der katalonischen Sprache im südöstlichen Viertel und im Alemannischen im Elsaß.

Ein kleines Beispiel für den elsässischen Akzent:

Werde ich auf der Straße von einem rücksichtlosen Autofahrer geschnitten, rufe ich (als Franzose vom Innern):
« Connard!= Blödmann » mit offenem « O » und Betonung auf die letzte Silbe.
Ein waschechter, dialektsprechender Elsässer wird dagegen : « Connard ! » mit geschlossenem « O » und Betonung auf die erste Silbe sagen.
:wink:

Eine Dozentin an der Uni sagte einmal, dass man im Rhône-Tal heute noch die Verneinung ne…point statt ne…pas benutzt. Stimmt das? Und warum ist das so?

Ah oui, ich hör ihn förmlich! :laughing:

Das mit dem Substrat klingt überzeugend (für die „nichtfranzösischen“ Gegenden :wink:) - nicht nur beim connard. :smiley: : Die Aussprache der Schlusssilben à la méditerranéenne von der Cristobal spricht, passt ja auch ganz gut zu den verwandten Sprachen entlang der nördlichen Mittelmeerküste in Italien, Spanien…

:bulb: :bulb: :bulb: Da hats beim Cristobal geklingelt :sunglasses:
Der occitanische Sprachraum ging ja auf einer Linie von den Alpen bis rüber zum Bassin unterhalb dem Massiv Central !
Haben Kissous Vorfahren etwa auch occitanisch gesprochen ?
Les aïeuls de notre chère Kissou ont-ils parlé l’occitan aussi ?
:unamused:
:wink:

Ich bin immer ganz fasziniert vom kontinentalwestgermanischen Dialektkontinuum 8) , das besagt, dass von Bayern :smiley: (bzw. von Wien) bis rüber nach Antwerpen nirgendwo ein harter Bruch festzumachen ist, das heisst, dass über dieses ganze Territorium jeder Dialekt mindestens den jeweils benachbarten versteht.

Und frage mich, ob nicht ein gleiches Dialektkontinuum entlang des Mittelmeers auch existiert(e), und zwar über die gesamte „romanische“ Zone, von Lissabon bzw dem äussersten Westen in Portugal bis nach Triest bzw. dem äussersten Osten in Italien?

Stimmt , Avonlea!Kann ich bestätigen! Meine Frau ist in Bourg en Bresse geboren (etwa 70 Km nördlich von Lyon.)
Als ich sie vor langen Jahre kennenlernte, sagte sie immer statt " pas" „point“…wobei die Kollegen in der Schule , wo wir arbeiteten,unvermeidlich lächeln mußten. :smiley:

:open_mouth: sie tief bin ich leider noch nicht in die Materie eingedrungen.

[size=75]Kleiner Privatscherz @nebenstelle: Das hat jetzt aber nichts mit deinem Aufenthalt in Paris zu tun :smiley: [/size]

Also ich musste mich ja während meines gesamten Französischstudiums mit Altfranzösisch plagen. Mein Beitrag: In alter Zeit ist alles so gesprochen worden wie geschrieben. Da die Franzosen sehr früh über eine Schrift verfügten, hält die Schrift einen frühen Sprachstand fest, während die aktuelle Aussprache sich laufend verändert. Dialekte halten immer auch einen früheren Sprachstand fest. Deshalb wird im Südfranzösischen noch « schriftnäher » gesprochen. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?

Aber ja doch…
…jetzt wird mir vieles klar…
Das ist ja richtig lehrreich hier… :smiley:

à bientôt

Côty
:smiley:

Mein deutscher Brieffreund sagte immer, er habe Südfranzosen besser als Nordfranzosen verstanden, weil die ersten, alle Silben eines Wortes deutlich aussprechen.

Je ne mange pas de salade.(Ich esse keinen Salat.)
Je-ne-man-ge-pas-de-sa-la-de. (die 9 Silben werden in Südfrankreich ausgesprochen!)

Nördlich vom Loire-Strom hört man öfter:

J’mange (Schmansch= 1 Silbe- ne" bleibt weg!) pas (1 Silbe) d’sa- lad (2 Silben!)

9 Silben in Südfrankreich.
4 Silben in Nordfrankreich!
:wink:

Genau. Ich erkläre meinen SchülerInnen immer: Die Pariser sind so hektisch, die haben keine Zeit, die verschlucken die Hälfte der Silben. Im Süden läßt man sich schön Zeit, alles auszusprechen.

Wäre auf alle Fälle eine Studie wert: :laughing: Ob es tatsächlich eine durchgehende Verständigung vom äussersten Osten der Banlieue bis zum äussersten Westen derselben gibt, darüber gehen die Meinungen noch stark auseinander :mrgreen:

Ich hab nen Kumpel, der war so verliebt in diesen Akzent, er ging extra nach Montreal in den Sprachkurs, um sein Französisch zu „verbessern“ :smiley:

Ah… klingt für mich immer nach Rugby, dieser Akzent (womit ich nicht etwa Aphatie in die Nähe von SarkoLaporte :smiling_imp: stellen wollte!)

[size=75]Und off topic: Auch ganz abgesehen vom Akzent, was Apathie sagt ist bedenkenswert! Wirklich bizarr, das Vorgehen der Justiz im Fall Dray! [/size]

Mir sind die letzten drei Wochen die Paings und biengs nur so um die Ohren geflogen. gg Allerdings hört man das viel häufiger bei den « Alten » als bei den Jüngeren.
Aber das ist hier das Gleiche, man lernt in der Schule Hochdeutsch und zu Hause wird dann auch kaum Dialekt geredet. Mein Papa konnte noch astrein den Dialekt reden, ich verstehe zwar Vieles, aber reden… Neeeee. gg