Essgewohnheiten D - F

Hallo liebe Internauten

Eine Frage, die mich schon immer brennend interessiert hat. Worin betrachtet Ihr persönlich den Unterschied in den Essgewohnheiten zw. Frankreich und Deutschland. Nun, ich gehöre zu jenen, die die französische Küche, ihre Vielfalt und ihre Finesse schätzen. Denke mir aber, dass man, wenn man will (selber kochen kann oder das nötige Geld hat) auch in Deutschland « gut verköstigt wird », stelle aber prinzipell fest das der Anspruch in der « Breite » - also wieviele Mensch gerne mehr haben wollen als nur « Essen » - bei Euch in Frankreich höher ist. Stimmt das? Oder worin liegt Eurer Meinung nach der Unterschied?
Freue mich auf jede Antwort
Cristobal

Weiss nicht, ob dass genau auf deine Frage antwortet, aber mir scheint es, dass der Kontext der Mahlzeit auch seine Rolle spielt. Ich meine - soweit ich bemerken konnte, isst man in Deutschland oft dann, wenn man Hunger oder Zeit hat, was bedeutet, dass eine Familie nicht zusammen isst, sondern jeder isst wenn’s ihm am besten ist. Zumindest bei meinen Freunden war das so, dass sie in der Woche nie alle zusammen gegessen haben, sonder jeder hat dann gegessen, wenn er von der Schule/Arbeit nach Hause gekommen ist, und/oder dann, wenn die Lieblingsfernsehserie gespielt hat. Nur am Wochenende, besonders sonntags morgen, hat sich die ganze Familie um den Tisch versammelt.
So was gibt es nicht in Frankreich, in meisten Familien isst man unbedingt alle zusammen, und nicht vor dem Fernseher (obwohl dieser Trend sich auch entwickelt). Ich meine auf keinen Fall, das eine sei besser als der andere, aber hier in Frankreich ist das Essen etwas « sakralisiert », also sehr formel betrachtet: man soll alle zusammen essen, man soll an bestimmten Zeiten Essen, man soll den Käse nach dem Hauptgericht und den Nachtisch nach dem Käse (und auf keinen Fall umgekehrt!!!) essen, usw. Also eine ganze Reihe von Regeln, die man nicht überschreiten sollte.
Vielleicht trägt diese Art, das Essen als etwas sehr wichtiges und sehr formales zu betrachten, dazu bei, dass Leute sich der Qualität mehr bewusst sind, und überhaupt mehr Interesse ans Essen haben, als in Deutschland?

Servus Sonka

Danke für die Anwort. Stellt sich für mich allerdings letztendlich die Frage, wie sich das zukünftig entwicklen wird. Denn es wird sich ja in Frankreich ähnlich wie in Deutschland auch immer mehr eine Single-Generation herausbilden oder aber immer mehr Ehe- und Beziehungspartner arbeiten gleichzeitig. Ich kann mir - erfahrungsgemäß - nicht vorstellen, dass sich dann die Esskultur, wie du sie beschreibst, langfristig halten lässt. In den französischen Städten sieht man ja auch schon sehr viele Imbissgeschäfte (Sandwich, Döner…) und in Supermärkten jede Menge Fertiggerichte. Dennoch ist es für unsereins immer schön in Frankreich essen zu gehen und - trotz der happigen Preise - sich 1x am Tag ein Menü zu genehmigen.

Ciao
Christobal

Du hast völlig recht. Ich habe es beschreibt, wie es früher war, und bis jetzt noch meistens ist, aber almählig ändert sich natürlich die Gesellschaft. Vielleicht kommen bald andere Franzosen in dieses Topic und sagen, dass es bei ihnen überhaupt nicht so läuft, wie ich es beschrieben habe.
Aber auch wenn die Gewohnheiten sich almählich ändern, verbleibt noch diese Einstekllung zum Essen. Aber nach einer oder zwei Generationen verbleibt vielleicht nichts davon, wer weiss? :frowning:

Salut,
jedes Land hat ja (glücklicherweise) seine eigenen Essgewohnheiten : Franzosen haben überhaupt kein Problem damit Pferdefleisch zu essen (Tartar vom Pferd ist einfach Klasse) oder Foie gras (Weihnachten ohne Foie Gras ist undenkbar) - in Deutschland haben die Leute z.B. bei Foie gras wegen des Mästens da oft (unberechtigt) Bedenken (essen aber andererseits ohne Nachzudenken Eier aus Legebatterien, Schweinefleisch aus Mastbetrieben etc etc).
Aber selbst wenn sich die Angewohnheiten zwangsläufig ändern : geringere Gehälter und die Restos werden Dank dem Euro immer teurer, verstärkt Alkoholkontrollen durch die Polizei, bald auch Rauchverbot in Bars und Restos, kürzere Mittagspausen und demzufolge nur noch Sandwich statt ‹ plat du jour › - so gibt es dennoch einige grundlegende Unterschiede : bei Privateinladungen ziehen sich Apéro und amuse guelle locker mal bis 21 Uhr hin und das anschliessende Diner geht oft mit grossen Pausen zwischen den einzelnen Gängen bis Mitternacht. Dem Essen und Trinken wird generell mehr Interesse entgegengebracht, mehr Aufmerksamkeit geschenkt und obwohl es einerseits manchmal fast an Rituale erinnert, so geht es doch immer sehr selbstverständlich und unverkrampft zu.
Mein Schwiegervater trinkt grundsätzlich seinen apéro vor dem Essen - auch Mittags, und ein Essen ohne Baguette ist für ihn undenkbar, genauso wie er hinterher immer etwas Käse will, selbst wenn es mal nur zwei Bissen sind, aber ohne Käse wäre für ihn das Essen unvollständig und nicht abgeschlossen.

Ich denke, dass die Traditionen zwar wegen der veränderten Lebensumstände immer mehr aus dem Alltagsleben verdrängt werden, aber nie ganz verschwinden werden - sie werden nur immer öfter auf besondere Anlässe, Familientreffen, Feiertage etc beschränkt.

Essen vor dem Fernseher wird auch in Frankreich immer häufiger, was vielleicht auch mit dem zunehmenden Angebot an TV-Sendern zu tun hat.
Ich persönlich seh mir z.B. mittags beim Essen gerne mal das 13 Uhr Journal auf TF1 an - und abends essen wir oft erst gegen 21 Uhr und schauen dabei dann meist auch den Abendfilm (der in Frankreich erst um 20Uhr 50 beginnt - in Deutschland geht das Hauptabendprogramm ja schon um 20Uhr15 los) Das wird wahrscheinlich mittlerweile in ganz Europa immer mehr zur Angewohnheit - auch wenn es hoffentlich nicht so schlimm wie in den USA wird, da scheint die Kiste ja vom Frühstück an bis abends durchzulaufen.

Salut Sam !

„Un repas sans fromage est comme une belle à qui il manque un oeil“ - Brillat Savarin
:smiley:

Schönes Thema!