Album-Neuheiten 2011/2012

Auf AOX haben wir seit zwei Jahren einen Thread für deutschsprachige Musikneuheiten, den ich gerne befülle und Platten vorstelle, so dass nicht für jeden Künstler ein eigener Faden aufgemacht werden müssen. Ich finde, sowas brauchen wir hier auch: Französische Alben mit Erscheinungsdatum, eventuell kurzer Beschreibung und einem Link, wo man reinhören kann. Letzteres ist aber wohl hier ein Problem. Bei AOX haben wir immer Amazon-Links, weil die ein gratis Songschnipsel-Tableau zu jedem Album haben; hier aber werden solche Links immer gelöscht. Also, wie schlagt ihr vor, dass wir das in diesem Thread machen? Links zu einzelnen Youtube-Songs etc. finde ich nicht ausreichend und denke, dass wenn wir gar keine Links haben, wo man reinhören kann oder wenn man selber suchen muss, weniger Leute Lust haben, sich mal mit neuer Musik, die sie bisher nicht kannten, zu beschäftigen. Liebe Mods, können wir einen Kompromiss finden, bevor es losgeht?

Ja Avonlea, ich habe kein Problem mit solchen Musik-Links. Es ist ja in dem Sinne kommerzielle Werbung. Ich denke edwin wird das genauso sehen, oder?

ist genehmigt. :wink:

September/Oktober 2011

David Delabrosse - Le Son de L’Hallali, 12.09.2011.
2002 ging er mit Yann Tiersen auf Tour, 2006 produzierte dieser sein erstes Solo-Album 13m², unter anderem auch mit der fantastischen Françoiz Breut. Im September erschient sein zweites Album bei seinem eigenen Label. Mehr als eine Gitarre braucht er oft nicht für seine Lieder, meistens reicht sogar eine Ukulele. Le Son de l’Hallali ist düsterer als sein Vorgänger, die Stimmung etwa in « Entre nous la route » fast beklemmend, sodass diese Ukulele manchmal wie purer Hohn wirkt, die versucht, damit gegen die dunklen Atmo-Geräusche anzukommen, wie auf « Les fleurs fanées ».
:arrow_right: Myspace-Seite mit ganzen Liedern zum Anhören, :arrow_right: Homepage.

Salomé Leclerc - Sous les arbres, 13.09.2011 (CAN). Vorstellung siehe hier.

Didier Brabelivien - Mes préférences, 03.10.2011
Die Bezeichnung « Der französische Ralph Siegel » wäre unpassend, auch wenn Barbelivien viermal am Grand Prix Eurovision de la Chanson teilnahm und ansonsten unter anderem Songs für Johnny Halliday oder Patricia Kaas schrieb. Jetzt singt er wieder selber und ehrt in den 32 Liedern dieses Albums die ganz Großen der französischen Musikgeschichte, unter anderem Barbara, George Brassens, Jean Ferrat.

Yves Jamait - Saison 4, 10.10.2011
Ein neues Album kurz vor seinem 50. Geburtstag. Jamait bietet hier größtenteils unaufgeregten französischen Chanson an, auch wenn seine Stimme eher nach zu viel Whisky als nach Wein klingt. Für das Lied « La radio qui chante » hat er sich am Mikrofon Unterstützung von Zaz geholt.

Thomas Dutronc - Silence On Tourne, On Tourne En Rond, 10.10.2011
Was soll man erwarten von einem Musikerkind, dessen Eltern auch noch zwei der bestaussehendsten Franzosen des letzten Jahrhunderts sind, Françoise Hardy und Jacques Dutronc? Richtig gute, anspruchsvolle Musik. Sohn Thomas fing aber erst spät an zu musizieren, sein Erstlingswerk Comme un manouche sans guitare erschient 2007. Vier Jahre danach jetzt das zweite, das viele unkonventionelle, gitarren- und rhythmuslastige Lieder enthält, was gut ist in Anbetracht von Dutroncs Stimme, die doch manchmal etwas zu lässig wirkt und langweilig werden würde bei 15 gewöhnlichen Chansons.

Romane Serda - Ailleurs, 13.10.2011
Frisch geschieden von Renaud, wagt sich Serda nun mit ihrem dritten Album an die Öffentlichkeit und hofft wohl, dass sie auch ohne die Reklame seitens der Argot-Ikone Erfolg haben wird. Wären die Texte nicht französisch, würde man gar nicht merken, dass die 40-Jährige Französin ist. Das Album ist durch und durch an anglophonem Pop orientiert. Nicht dem der neusten Elektro-Disco-Generation, sondern schon noch durchgängig mit akustischen Instrumenten. Die Texte sind manchmal frech, die gesangliche Darbietung ordentlich und manchmal gute Laune verbreitend. Für das Genre durchaus ein akzeptables Album, die Radios werden es sicher mögen. Intellektuelle Höhenflüge wird man hier aber nicht sehen.

Aurélie Cabrel - Oserai-je?, 17.10.2011
Und noch ein Musikerkind, diesmal die Tochter von Francis Cabrel. Zusammen mit dem belgischen Komponisten Esthen schrieb sie jene 12 Songs, die man nun auf diesem Debut-Album findet. Stimmgewaltig ist sie nicht, die Lieder haben aber einen schönen Rhythmus, immer eine Gitarre oder auch mal das ganz große Klavier. Textlich überfordert einen Cabrels Album nicht gerade, insgesamt ist es aber ein solides Mainstream-Werk. Immerhin schämen muss sich der Papa für seine Tochter nicht. Hat Potential.

Camille - Ilo Veyou, 17.10.2011
Ihren musikalischen Durchbruch hatte sie mit dem weit über Frankreichs Grenzen hinaus Aufsehen erregendem Projekt Nouvelle Vague, 2005 brachte sie mit Le Fil ein ungewöhnliches, spannendes Album heraus. « Musik » im eigentlichen Sinne ist das fast schon nicht mehr, eher ein musikalisches Experiment. 2008 folgte ihr erstes englischsprachiges Werk, Music Hole, das zwar einige Anerkennung bekam, aber international mittlerweile wieder in Vergessenheit geraten ist. Jetzt wieder auf französisch. 15 Lieder in ihrem ganz eigenen Stil, die nicht einfach zugänglich sind, aber gewiss mehr « Kunst » sind als so manches, was man zur Zeit so hört. Allerdings läuft sie ein bisschen Gefahr, sich in ihrem Experiment zu verlieren und allzu verrückte Chansons anzusammeln.

Weitere Veröffentlichungen:
Debout Sur le Zinc - La fuite en avant, 03.10.2011
Gerard Lenorman - Duos de mes chansons, 10.10.2011
Caroline Jokris - Etrange Liaison, 17.10.2011
Hubert Félix Thiéfaine - Suppléments de mensonge, 18.10.2011
Mara Tremblay - Capturer la magie 25.10.2011 (CAN)
Jean-Louis Aubert - Roc’Éclair, 29.10.2011

Neues für das Plattenregal, für den Gabentisch oder nur so zum Reinhören aus den vergangenen Wochen. Zuerst die vier, die mir am besten gefallen haben, dann der Rest. Und bei der ersten Platte noch ein Aufruf! Ich suche ein Lied.

Oktober/November/Dezember

10.10. Doriand - Lieu-dit
Er schreibt die französischen Versionen einiger Lieder des Briten Mika (« Grace Kelly »), er komponierte zusammen mit Keren Ann die Platte von Emmanuelle Seigner, der Frau von Roman Polanski und er schrieb Lieder, die Hits von Camélia Jordana und Sylvie Vartan wurden. Fast zu kurz kommen dabei seine eigenen musikalischen Ambitionen. Aber nur fast. Jetzt ist nach sieben Jahren sein fünftes Album erschienen und es ist wie erwartet schön instrumentiert, es sind eingängige aber dabei tiefsinnige Lieder. « Lieu », das Eröffnungsstück ist gleich ein Highlight. Aber eine Sache fällt mir noch auf, die schon negativ ist. Ich möchte ihm nicht unterstellen, sich bei anderen Künstlern bedient zu haben, aber « Des Camions de Lilas » klingt sehr nach einem 90er-Jahre-Lied einer wahrscheinlich amerikanischen Boygroup. Nur komme ich nicht drauf welcher und wie der Song heißt. Wenn das jemandem einfällt, bitte her mit der Lösung! Sonst grüble ich noch Monate darüber. Den Refrain kann man in dem Amazon-Player hören.

04.11. Alain Bashung - L’homme à la tête de chou
Der 2009 gestorbene Alain Bashung ist sowas wie eine Legende des französischen Rock (« Gaby oh Gaby », 1980). Jetzt erscheint posthum ein Album, das eigentlich gar nicht seins ist, sondern das einer anderen Legende. Serge Gainsbourg, mit dem er zu dessen Lebzeiten zusammengearbeitet hat. « L’Homme à tête de chou » ist ein Konzeptalbum, erschien 1976 und erzählt die Geschichte einer Liebe. Marilou heißt sie und es geht um gute Zeiten, Eifersucht, Mord und schließlich der Wahnsinn. Die Bashung-Version jenes Albums, das der französische Rolling Stone in die Top 30 der besten Rockalben aller Zeiten gewählt hat, geht auf ein Projekt aus dem Jahr 2008 zurück. Der Choreograph Jean-Claude Galotta hat aus der Geschichte eine Tanzaufführung gemacht und Bashung die Songs neu interpretiert. Mit ganz viel Orchester.

08.11. André Gagnon - Dans le silence de la nuit (CAN)
Ein bisschen Klassik: Internationale, französische und kanadische Weihnachtsklassiker neu arrangiert und interpretiert, ganz ohne Gesang. Wunderschön melancholisch und dramatisch zugleich, würde gut als Filmmusik zu einem kanadischen Winterfilm passen. Aber dafür wäre dieses Album fast zu schade.

19.09. Claire Denamur - Vagabonde
Schon im September erschienen, aber doch wert, hier noch vorgestellt zu werden. Claire Denamur kennen geneigte Fernsehgucker in Frankreich aus der Deo-Werbung; 2009 wurde ihr Song In the mood for l’amour für einen Spot verge… äh… verwendet. Dabei hat ihre Musik durchaus einen künstlerischen Anspruch und ihr neues Album bestätigt das. Die 27-Jährige hat ihre Kindheit in den USA verbracht und es sei ihr daher gegönnt, auch ein paar englische Lieder auf Vagabonde zu haben, denn ihr Englisch ist im Gegensatz zu den meisten anderen Franzosen natürlich hörbar gut. Aber auch ihre Musik ist amerikanisch geprägt. Die Stimmung ist düster, es bluest an so mancher Ecke. Ihre Stimme ist sehr angehm dunkel, die Instrumentierung passend. Aufgenommen wurde alles auch außerhalb Frankreichs, in Montréal. Gelungenes Album!


05.12. Bénabar - Les bénéfices du doute
Kantenlos instrumentierte Lieder, Texte, die die Unbeschwertheit der Kindheit besingen und eine glatte, nicht allzu besondere Stimme. Damit hat es Bénabar nicht nur zu einem Plattevertrag mit einem Major geschafft, sondern auch zu nachhaltigem Erfolg in Frankreich. Platin und Doppelplatin muss man da nicht mehr erwähnen. Das Besondere an seinen Chansons, das man bei dieser Vita, die bei anderen Mainstream-Stars ebenfalls zu finden ist, nicht selbstverständlich ist, ist das Augenzwinkern, das er jedem Lied gibt. So ist der Opener « Politiquement correct » ein Geständnis, ein Gutmensch zu sein. Gutmensch, dieses böse Schimpfwort! Bénabar denkt sich dabei nur: Et alors?

04.11. Anggun - Echos
In ihrer indonesischen Heimat war sie in den 80ern ein Kinderstar, ihre erste Platte brachte sie im zarten Alter von neun Jahren heraus. Mit 14 ist sie ein Star in ganz Südostasien, was sie auf den Trichter bringt, es auch in der restlichen Welt zu probieren. UK funktioniert nicht, auf ihrem Weg in die Niederlande zum nächsten Versuch bleibt sie in Frankreich hängen. Lernt die Sprache und lernt auch Florent Pagny kennen. Der Startschuss für schließlich doch noch eine Karriere jenseits von Asien. 2012 wird sie Frankreich beim Grand Prix Eurovision de la Chanson in Aserbaidschan vertreten und bringt nun schonmal ein Album heraus. Ich kann mir keine Musik vorstellen, die besser zum Songcontest passen würde. Über den künstlerischen Anspruch legen wir mal ein großes Tuch… Aber sie ist zweifellos eine gute Sängerin.

07.11. Julien Clerc - Fou, peut-être
Frankreichs Sänger von chansons engagées, politischen und gesellschaftskritischen Liedern, gehen nicht gerne in den Ruhestand. Auch Julien Clerc nicht (L’assasin assassiné (1980) und veröffentlicht nun als mittlerweile 64-Jähriger sein 19. Album nach dreijähriger Schaffenspause. Da ließen sich auch die anderen Größen der alten Schule des Chansons nicht lange bitten und schrieben fleißig Texte, darunter Langzeit-Weggefährte Maxime Le Forestier (« San Francisco »), Gérard Manset und Charles Aznavour. Thematisch überwiegen die persönlichen Alltagsthemen und kleine Geschichten, die mit der orchestralern Begleitung aufwarten. Allerdings hätten die Melodien etwas ausgefeilter sein können, es klingt oft etwas beliebig und daher recht ähnlich.

14.11.Coeur De Pirate - Blonde (CAN)
Sie ist jünger als ich und veröffentlicht schon ihr zweites Album. Was habe ich falsch gemacht? Vielleicht sollte auch ich meine Arme mit Tattoos pflastern, in einer Punk-Band spielen und dann auf Retro-Pop umsteigen? Allerdings kann ich nicht wie Micky Maus singen. Béatrice Martin nennt sich Coeur De Pirate und ihr zweites Album ist ihrer neuen Haarfarbe gewidmet. Auf « Blonde » versammelt sie 12 Stücke, die zum Glück themenreich sind, den Geist der 60er atmen und interessant zu hören sind. Insgesamt ist diese Musik aber Geschmackssache und trifft wahrscheinlich den Geschmack der Masse mehr als meinen.

14.11. Isabelle Boulay - Les Grands Espaces (CAN)
Isabelle Boulay ist eine der frankokanadischen Musiker, die auch in Frankreich und ganz Europa einen gewissen Erfolg haben. 20 Jahre nach ihrem Sieg beim Festival international de la chanson de Granby bringt sie ihr 13. Album heraus. Produziert ist die Platte von Frankreichs musikalischem Schwergewicht, Benjamin Biolay, bei den Songs handelt es sich aber um Cover-Versionen bekannter Stücke oder Lieder, die unter anderem von Jean-Louis Murat und Biolay selber geschrieben wurden. Eine nette französisch-englische Mischung, die Stimme und die Instrumentierung gefallen sehr gut, aber ein großer Wurf ist das nicht. Weil man keine gefühlt 100.000. Version von Lee Hazelwoods « Summer Wine » brauchen, die aus dem Lied absolut nichts Neues herausholt.

21.11. Noël ! Noël !! Noël !!!
Lange sitzt man mit dieser CD im CD-Spieler unterm Weihnachtsbaum nicht, zwölf knackig-kurze Lieder mit Big-Band-Orchester müssen reichen. Mit dabei sind aber unter anderem die fantastischen Renan Luce, M. und Rufus Wainwright, der auf Französisch « Noël D’espoir » zum Besten gibt. Und die First Madame Carla Bruni fehlt auch nicht. Michel Legrand zeichnet sich für das Orchester-Arrangement verantwortlich.

28.11. Raphael - Live vu par Jacques Audiard
César-Gewinner Jacques Audiard, Regisseur und Macher von Musikvideos einiger der wichtigsten aktuellen französischen Künstler, hat Raphaels Konzerte in diesem Jahr gefilmt, das Ergebnis ist eine DVD und eine CD. Die Zusammenstellung ist in Ordnung, aber eines seiner besten Lieder fehlt, « Le vent de l’hiver ». Außerdem ist die Stimme schon auf Platte Geschmackssache und er ist sicher keiner der Sänger, die live noch besser klingen. Was die Qualität der Songs angeht, braucht man sich keine Sorgen machen; Raphael gehört meines Erachtens zum Besten, was französisches Songwriting für ein großes Publikum angeht. Auch wenn das beste Album « Caravane » schon 2005 erschien.

25.11. Benjamin Biolay - Best of
Neben Doriand und Keren Ann der Dritte im Bunde der überall Präsenten. Wem hat er nicht schon Songs geschrieben oder Alben produziert und wann war es mal kein Erfolg? Jetzt sind 19 seiner vermeintlich besten Chansons auf einer CD versammelt, wie immer pünktlich zum Weihnachtsgeschäft. Eine ausgewogene Mischung; mein persönliches Highlight ist und bleibt « Brandt Rhapsodie », ein Lied vom letzten Album, dessen Textzeilen kurze Kühlschranknotizen sind und die Beziehung eines Paares von Anfang bis Ende abbilden. Toll gemacht und hoch dramatisch.
Der Link ist zu einer sehr guten deutschen Rezension der Sammlung. Ein Satz zum Stück « L’eau claire des fontaines »: « Biolay redet derweil wie ein Wasserfall, man muss ja auch wirklich nicht immer singen. Erst recht nicht, wenn man eine Sprechstimme hat, mit der man auch im Telefonmarketing eine große Nummer hätte werden können, ganz zu schweigen von einem Job als fernmündlicher Verführer. » Im Telefonmarketing ein ganz Großer… ist das nicht der Traumjob schlechthin? Call-Center-Agent? Schade, dass er sich für die Musik entschieden hat, was, liebe Unternehmen? :smiley:

Außerdem erschienen
07.11. Daniel Darc - La taille de mon âme
21.11. Sofia Gon’s - Le marché des insolites
21.11. Christophe Willem - Prismophonic
und diverse Weihnachts-Best-Ofs, unter anderem von: Gilbert Bécaud, Louise Attaque, Noir Désir, Johnny Halliday.

Hallo Avonlea,
ich würde mich über eine Fortsetzung sehr freuen. Habe bereits einige Neuerscheinungen gekauft. Ist ein toller Beitrag. :merci:

Danke, Juditta. Es ist leider sehr aufwendig, solche Themen zu erstellen und das möchte ich zur Zeit nicht mehr machen. Vielleicht später wieder.

Ohh schade :frowning: , kann ich aber verstehen.