Heute vor dreißig Jahren trat das Gesetz in Kraft, das aus Sicht des Nachkriegseuropas wohl längst überfällig war: Die sozialistische Mitterand-Regierung schaffte die Todesstrafe ab und beendete damit einen zähen Kampf. Einige Wochen zuvor hatte der Justizminister Robert Badinter die Gesetzesinitiative ergriffen, unter dem Protest nicht nur der Politik, sondern vor allem auch der Bevölkerung: Zwei Drittel der Franzosen waren pro Todesstrafe eingestellt. Neun Jahre zuvor hatte Badinter, damals als Anwalt und Verteidiger, der Hinrichtung eines seiner Klienten beiwohnen müssen, der wegen Mordes zweier Geiseln angeklagt war, jedoch von Beweisen entlastet wurde. Und trotzdem sterben musste.
Immer wieder hatten sich auch Dichter, Denker und Musiker gegen die Todesstrafe ausgesprochen und ihr in ihren Werken ein Mahnmal gesetzt. Darunter Julien Clerc, der mit
L'assasin assasiné(Der ermordete Mörder) die Geschichte der drittletzten Hinrichtung Frankreichs erzählt, die von
Christian Ranucci, Kindsmörder. Clerc nahm 1980 an einer denkwürdigen Diskussionsrunde im Fernsehen teil, in der er auf emotionale Weise von einem Prozess berichtete, den er im Gerichtssaal verfolgt hat.
Plateau: Julien Clerc, Robert Badinter etc. über die Todesstrafe, 12.3.1980.
Bis zum letzten Todesurteil am 10. September 1977 in Marseille wurde die Strafe traditionsbewusst mit der Guillotine vollzogen. Erst 2007 verankerte Frankreich die Abschaffung der Todesstrafe in ihrer Verfassung. Nur der rechtsextreme Front National fordert ihre Wiedereinführung. Etwa 42% der Bevölkerung ist ebenfalls für eine Wiedereinführung.
In Deutschland wurde das Verbot der Todesstrafe als Ewigkeitsklausel 1949 ins Grundgesetz geschrieben. Die Konzeption der Verfassung und des Strafrechts würden zudem die Todesstrafe als unumkehrbare Strafe ablehnen.
Weitere Links
Wikipedia: Todesstrafe in Frankreich
La Dépeche: Dossier anlässlich des heutigen Tages
Kommentar von Philippe Bilger, Richter