L'empire des loups Jean-Christophe Grangé

In diesem 2015 erschienenen Kriminalroman von Jean-Christophe Grangé werden in einem sehr gelungenen Spannungsbogen viele psychologisch,gesellschaftlich und politisch relevante Aspekte angesprochen, die auch heute noch aktuell sind. Im Zentrum des Romans stehen mehrere zunächst nicht miteinander verbun-dene Handlungsstränge, die den Leser aktivieren. Anna, die wegen echter und scheinbarer neurologischer Probleme auf Drängen ihres Ehemanns Laurent sich einer problematischen neurologischen Behandlung schließlich durch eigene Initiative entzieht und ihre wahre Identität sucht. Es wird allmählich auch Anna klar, dass sie Opfer eines medizinisch-politischen Experiments ist, das von einer z. T. illegal agierenden Antiterroreinheit des französischen Staats in Zusammen-arbeit mit dem erpressbaren wissenschaftlich ehrgeiigen, aber zwielichtigen Neurologen Eric Ackermann geprägt ist. Es geht um eine radikale Veränderung der Persönlichkeit im Interesse der Bekämpfung mafiöser Gruppen rechtsradikaler türkischer Terrorgruppen. Der psychisch und familiär belastete Elitepolizist Paul versucht beharrlich,den grausamen Mord an illegal in Paris arbeitenden türkischen Frauen aufzuklären und nutzt dabei die effektive Hilfe eines sehr kompeten-ten, aber als brutal eingeschätzten Elitepolizisten im Ruhestand, Jean-Louis Schiffer. Anna, die ihre Identität als Drogenkurier einer Terrororganisation allmäh-lich entdeckt und sich mit brutalen Methoden gegen ihre Peiniger zur Wehr setzt, weiß jetzt auch, dass sie sich durch eine von ihr gewollte Gesichtsoperation der Verfolgung durch von ihr betrogene Drogenhändler entziehen wollte. Sie tötet Schiffer während einer Schießerei, wobei deutlich wird, dass Schiffer in einem fragwürdigen Drogengeschäft mit Anna zusammengearbeitet hat. Anna beginnt einen Rachefeldzug vor allem gegen verantwortliche rechtsradikale türkische Kriminelle, womit sie ihren Tod provoziert. Ihr Mörder wird schließlich von einer mit Anna befreundeten französischen Ärztin, die ihr bei der Wiederentdeckung ihrer Identität behilflich war, ermordet.
Personen und Schauplätze werden meist sehr differenziert erfasst. Die oft bildhafte Sprache und die damit verbundenen prägnanten Formulierungen verstärken diesen Eindruck. Dieser Roman ist aber nicht nur ein sehr spannender Thriller, sondern greift viele auch heute noch aktuelle Fragen auf (z. B.Verantwortung in Medizinforschung,Neurologie und Psychologie, Partnerschaftsprobleme, Selbstverständnis der gerade in Frankreich häufig kritisierten Polizei,legale und illegale Immigration, Motivation von Gewalttätern, Drogen,Selbstmord,soziale Probleme). Die Person von J.-L. Schiffer wird zwar in ihren Widersprüchen relativ deutlich dargestellt, könnte aber noch etwas genauer beleuchtet werden.
Insgesamt ist dieser Roman sehr lesenswert.