Les Vosges - Département 88

Les Vosges sind ein Département im Osten Frankreichs. Der Name kommt von der Gebirgskette Vogesen (frz. Vosges), die vor allem die östliche Hälfte des Départements besetzen. Die Berge sind nicht besonders hoch, der Höhepunkt (Hohneck) erreicht 1363m und befindet sich an der Grenze zum Elsass. Fast das ganze Territorium des Départements war Teil Lothringens.
Heute zählt das Département 366.000 Einwohner. Ende der 1970er waren es noch 400.000, vor dem ersten Weltkrieg sogar 435.000. Das einzige grosse Ballungsraum ist die Départementhautpstadt Epinal mit ca. 100.000 Einwohnern. Les Vosges wurden, wie viele Regionen Nord- und Ostfrankreichs, im 19ten Jahrhundert stark industrialisiert; und ab Ende der 1970er desindustrialisiert. Neulich versucht man die Wirtschaft neu zu orientieren, und man setzt auf Tourismus (eine unerschöfliche Einnahmequelle, dachte man vor Covid). Die Vogesen haben schon eine lange touristische Tradition: Bergorte wir Gérardmer oder Bussang, sowie Thermenstädte wie Plombières-les-Bains oder Vittel empfangen schon lange Besuch. Jetzt soll aber das ganze Département von den Touristen profitieren und vielerorts entdeckt man das eigene Kulturerbe und die Natur wieder, die man ganz schön rausputzt, aufwertet und auf Englisch und Deutsch präsentiert.

Dem Département fehlt nicht an Sehenswürdigkeiten und interessanten Städtchen. Hier wurden schon die Jeanne d’Arc Gedenkstätte sowie die Stadt Neufchâteau vorgestellt. Und in diesem Thread zeigen wir einander, was wir entdecken, wenn wir durch dieses Département fahren. Hoffentlich tut ihr das auch, wenn ihr Richtung Süden fährt. :wink:

Ich fange an mit der Kleinstadt Mirecourt, im Nordwesten des Départements. 5100 Einwohner, sehr stark absteigende Tendenz (-42% in den letzten 50 Jahren). Das langsame Aussterben des Städchens ist im Zentrum spürbar: sehr viele Geschäftsflächen stehen leer.

Mirecourt ist für seine jahrhunderte lange Tradition von Geigenbau bekannt. Ein Museum präsentiert diese Traditionen, wenn es offen ist… Die Stadt erinnert durch Strassenkunstwerke gern an den Geibenbau.

Das historische Stadtkern besteht hauptsächlich aus einer langen Strasse und kleinere Querstrassen. Es liegt leicht oberhalb des Flusses. Die meisten Häuser sind bunte Häuser aus der Renaissancezeit.

Viele Häuser verfügen über typische Innenhöfe dieser Zeit.

Die Pfarrkirche befindet sich mitten in der Hauptstrasse. Gotisches Bauwerk, drinnen sehr dunkel.

Sehenswert ist auch die Markthalle aus dem 17ten Jahrhundert

Und auf der anderen Seite des Flusses die chapelle de la Oultre aus dem 11ten Jahrhundert.

Wenige kilometer südlich von Mirecourt befindet sich das Dorf Mattaincourt, das eine schöne Basilika aus dem 19ten Jahrhundert beherbergt. Die Basilika ist dem Heiligen Pierre Fourier gewidmet, der in Mirecourt 1565 geboren wurde.

Die Glasfenster im Chor erzählen das Leben von Pierre Fourier; im Schif stellen sie Heiligen aus Lothringen dar (Jeanne d’Arc, den Papst Leo IX und andere weniger bekannte).

:merci: Mislep für den kurzen, aber sehenswerten Bericht.

Danke für deinen Beitrag, Mislep. Mirecourt macht einen hübschen Eindruck. Schade, dass die Gegend am Aussterben ist.

Fahren wir jetzt nach Osten, nah an der Grenze zum Elsass, und besuchen wir das Rabodeautal. Die Geschichte des Tales ist in vielerlei Hinsicht spannend und für das ganze Ostfrankreich sehr repräsentativ. Als ländliches Gebiet leben die Dörfer des Tales etwas abseits der historischen Geschehnisse. Die katholische Kirche ist stark präsent und stellt eine wichtige Autorität dar. Gleich 3 bedeutende Abteien werden im Tal gegründet. Nach der französischen Revolution werden die Abteien aufgelöst und die Industrialisation des 19ten Jahrhunderts benutzt die Gebäude zu industriellen Zwecken bzw. baut sie ab. Ab den 1970er Jahren wird die Region desindustrialisiert, alles zerfällt manchmal buchstäblich. Und jetzt versucht sich die Gegend als Tourismushotspot zu verwandeln. Beispielhaft ist die Eisenbahnlinie: in Vollbetrieb durch das Tal bis in den 1970er Jahren hinein, Verkehr langsam komplett eingestellt, und jetzt als grüner Weg mit erklärenden Tafeln für Radfahrer und Wanderer verwandelt.

Fangen wir an mit Etival-Clairefontaine, am Ausgang des Tals. 2600 Einwohner. Frankreichweit wegen Papierwaren bekannt. Clairefontaine ist seit 1858 in der Stadt aktiv und, laut wiki, der grösste Arbeitsgeber der Stadt.
Sehenswürdig ist die Abtei Saint-Pierre, die im 7ten Jahrhundert gegründet wurde. Das heutige Gebäude stammt hauptsächlich aus dem 18ten. Nur die Kirche ist besuchbar. Das restliche Gebäude wurde in Wohnungen verwandelt bzw. abgetragen.

Der ganz kleine Garten

Weiter ins Tal hinein liegt die Stadt Moyenmoutier, mit 3150 Einwohnern ist es die grösste Stadt des Tals. Im Zentrum liegt die massive benediktiner Abtei Saint-Hydulphe, die von 671 bis 1792 tätig blieb. Das heutige Gebäude wurde kurz von seiner Schliessung komplett renoviert, kam aber schnell herab. Die Textilindustrie setzt sich in der Stadt nieder, baute Fabriken gleich auf dem Vorplatz der Abtei und besetzte auch die Gebäude. Die Gemeinde kaufte das Gebäude Ende der 1980er Jahren und stellte es schnell unter Denkmanschutz, um es zu retten. Die letzten Fabriken schlossen 2002 und wurden 2008 abgebaut. Seitdem wird alles langsam restauriert.

Wiki zeigt uns, wie das mit der Fabrik aussah

Und drinnen

Und schliesslich die interessanteste Stadt des Tales: Senones. Nicht nur, weil der Name der Stadt, wie Noyon oder Laval, ein Palindrom ist :smiley: Senones war nämlich von 1754 bis 1791 Residenzstadt des Fürsten von Salm-Salm. Dieses mini-Fürstentum, wie es im heiligen römichen Reich deutscher Nation so viele gab, war eine Enklave innerhalb Lothringens und wurde zu einer Exklave des Reiches innerhalb Frankreich als Lothringen 1766 von Frankreich anektiert wurde. 1791 fanden die Franzosen, dass es mit diesem Faschingsfürstentum reichte und anektierten es einfach.
Die Stadt ist heute stolz auf diese fürstliche Geschichte. Vom „quartier princier“ ist noch viel übrig, wenn in schlechtem Zustand. Hier das renovierte Schloss

Im Zentrum der Stadt liegt der Hauptplatz, Place Clemenceau, mit vielen bunten Häusern. Zur Zeit meines Besuchs fand ein Jahrmarkt statt, der das Panorama grossteils verdeckte.

Und wenige Schritte vom Hauptplatz entfernt steht die dritte Abtei, Saint-Pierre. Die Abtei wurde vom heiligen Gondelbert im 7ten Jahrhundert gegründet und unter der französischen Revolution geschlossen. Im 18ten Jahrhundert wurde eine riesige Bibliothek gebaut, sie besass bis zu 15.000 Bücher, die nach der Schliessung der Abtei nach der Departementhauptstadt Epinal geschickt wurden, um dort eine neue Bibliothek zu gründen.
Eine Fabrik setzte sich im 19ten Jahrhundert gleich neben der Abtei nieder und als sie sich ausbreiten wollte, musste das Hauptschiff der Kirche abgetragen werden. Es wurde später in eine für die Industrie weniger störende Richtung neugebaut. Deswegen sieht die aktuelle Kirche (dem heiligen Gondelbert gewidmet) wie eine Kirche aus dem 19ten. Die Fabrik ist weg. Das Gebäudekomplex der Abtei wird langsam saniert und zugänglich gemacht.

Remiremont, zwischen 7 und 8.000 Einwohnern (mehr als 30.000 im Ballungsraum), hübsche Kleinstadt im Süden des Départements.
Im Zentrum steht die Kirche Saint-Pierre, vom Ende des 8ten Jahrhundert bis zur französischen Revolution Kirche einer bedeutenden Abtei. Die Kirche besteht aus Elementen aus unterschiedlichen Zeiten, vom 12ten bis zum 19ten Jahrhundert. Die Krypta im Untergeschoss zeigt die Resten aus der früheren Kirchengebäude aus dem 12ten Jahrhundert.

Daneben das frühere Gebäude der Abtei. Heute Rathaus. Rund herum einige Stadtpalais aus dem 18ten Jahrhundert.

Die Hauptstrasse, rue Charles De Gaulle, kennzeichnet sich durch bunte Häuser und Arkaden. Am Anfang steht die Statue „le volontaire“, die während der französischen Revolution vom Staat der Stadt Remiremont geschenkt wurde, als Dankeschön für den Patriotismus der Einwohner, die sich zahlreich für die Verteidigung Frankreichs freiwillig meldeten.

Überall im Stadtzentrum findet mal schöne Brunnen.
La fontaine du cygne

La fontaine des dauphins

Und im hübschen Park Rodhain la fontaine de Neptune

:merci: mislep, für die tollen Postings…

Du solltest Bücher schreiben, grossartig… :smiley:

Sieht sehr hübsch aus!! :slight_smile:

Saint-Dié-des-Vosges, ca. 20.000 Einwohner (das Doppelte im Ballungsraum) ist die zweitgrösste Stadt des Départements und liegt im Osten, unweit von der Grenze zum Elsass. Die Stadt entwickelte sich im Mittelalter zu einem bedeutenden religiösen und wissenschaftlichen Zentrum. Abteien und Kollegialstifte prägen die Stadt. Wissenschaftler und Künstler aus ganz Europa kommen nach Saint-Dié. Hier wurde 1507 die erste Weltkarte mit dem neuen Kontinent gefertigt, und im Rahmen dieser Arbeit wurde entschieden, dass der neue Kontinent „Amerika“ nach Amerigo Vespucci heissen würde und nicht „Kolumbien“ nach Christopher Columbus. Deswegen wird Saint-Dié „la marraine de l’Amérique“ genannt. Im 18ten Jahrhundert kommt ein Architekt aus Venedig, um die Kathedrale nach einem Brand neu aufzubauen. Im 19ten wird die Stadt zu einem Industriezentrum, also geht es der Stadt Jahrhunderte lang ziemlich gut. Bis November 1944. Die Alliierten sind unterwegs nach Strasburg, um Frankreich zu befreien. Die in Saint-Dié stationnierten Deutschen wollen die Stadt aber nicht so einfach aufgeben. Hand in Hand arbeiten Deutsche und Alliierten an der Zerstörunng der Stadt. Von der Luft aus bombardieren die Allierten, während die Deutschen auf dem Boden die Stadt systematisch zerstören. Sprengstoff sprengt Brücken und Kathedrale in die Luft, Flammenwerfer verbrennen die Wohnhäuser. Unzufriedene Einwohner werden noch deportiert. Am Ende des Monats bleibt von der glorreichen Vergangenheit so gut wie gar nichts. Der bald weltberühmte Architeckt Le Corbusier wird beauftragt, die Stadt neu zu planen. Sein Plan wird aber von den Einwohnern abgelehnt, weil er Wohnen in Hochhäusern vorsah. Die Stadt wird trotzdem neu aufgebaut und schaut heute etwas traurig aus. Saint-Dié ist also mehr für die umliegende Natur und die vielen Wandermöglichkeiten interessant als für das Kulturerbe.

Die Hauptstrasse

Anlässlich des Jubiläum der französischen Revolution wurde 1989 der Tour de la Liberté im Zentrum gebaut.

Die Kathedrale wurde nach dem Krieg originalgetreu nachgebaut. Sie bleibt relativ leer und die Glasfenster sind, logischerweise, modern.

In der Nähe der Kathedrale steht das einzige Werk von Le Corbusier in Saint-Dié, eine Fabrik.

Und Beim Bahnhof die Kirche Saint-Martin, aus dem Jahr 1902, überlebte den Krieg ziemlich gut.