Unabhängigkeit für Neukaledonien ?

Neukaledonien (en français Nouvelle-Calédonie) ist ein französisches Territorium am anderen Ende der Welt. Es liegt im Pazifik, 1400 km östlich von Australien und 1475 km nördlich von Neuseeland. So gross wie Sachsen, Neukaledonien ist wenig bevölkert, mit 270.000 Einwohnern. Neukaledonien ist wirtschaftlich ein starkes Territorium dank einem der grössten Nickel-Vorkommen der Welt. Betrachtet man das BIP pro Kopf, ist Neukaledonien reicher als Neuseeland. Fast die Hälfte des neukaledonischen Haushalts kommt jedoch direkt von pariser Finanzierungen…

Seit den 1960er Jahren gibt es in Neukaledonien starke Unabhängigkeitsbewegungen in der kanaken Bevölkerung (heute ca 40% der Gesamtbevölkerung). Das autochtone Volk heisst nämlich Kanak; ist nichts Negatives gemeint. Die Gewalt der Bewegungen spitzte sich mit der Zeit zu und erreichte im April 1988 einen Höhepunkt: Separatisten griffen eine Gendarmerie in Ouvéa an und nahmen Geisel. Nach 2 Wochen endete die Geiselnahme mit 21 Toten. Die Regierung in Paris verhandelte mit der Unabhängigkeitspartei und beschloss Ende Juni 1988 die « accords de Matignon ». Dieses Abkommen bereitete eine wirtschaftliche und institutionnelle Entwicklung Neukaledoniens für die nächsten 10 Jahre vor. 1998 wurden die « accords de Nouméa » beschlossen: Neukaledonien bekommt Autonomie in verschiedenen Bereichen, und eine Volksabstimmung zur Unabhängigkeit soll zwischen 2014 und 2019 stattfinden.

Und jetzt ist es soweit. Am Sonntag 4.11 stimmen die Neukaledonier über ihre Zukunft ab. Bis jetzt sehen alle Umfragen einen starken Sieg für den Verbleib in Frankreich voraus, mit ca 2/3 Mehrheit.

Bis Sonntag Abend können wir mehr über Neukaledonien in einer interessanten Sendung von « le dessous des cartes » erfahren: Geschichte, Demographie, Wirtschaft, Geopolitk usw.

Da Neukaledonien am anderen Ende der Welt mit 10 Stunden Zeitverschiebung liegt, sind die Ergebnisse schon da, und die Neukaledonier schon ins Bett gegangen.
Die Wahlbeteiligung war mit 80,6% überraschend hoch. Die Unabhängigkeit wurde zwar und wie erwartet abgelehnt, aber erreichte immerhin 43,6%, also deutlich mehr als in den Umfragen.
Starke Unterschiede innerhalb des kleinen Territoriums: die Gemeinden mit grosser Kanakenmehrheit stimmten ganz klar für die Unabhängigkeit (Bélep 94,4% Oui, Pouébo 94,25% Oui) und umgekehrt die Gemeinden mit Caldoche-mehrheit (Aus Europa stammende Bevölkerung) wollen von der Unabhängigkeit nichts wissen (Nouméa 80,5% Non, Poya 97,9% Non).

Wie geht’s weiter ? Im Mai 2019 erneuert Neukaledonien sein Parlament durch eine reguläre Wahl. Wenn 1/3 der Abgeordneten es verlangt, soll eine neue Volksabstimmung innerhalb 18 Monate organisiert werden. Und noch einmal, wenn nach der zweiten Abstimmung das Nein zur Unabhängigkeit wieder gewinnt. [ganz demokratisch so oft wählen lassen, bis das gewünschte Ergebnis rauskommt :laughing: ]

lemonde.fr/politique/articl … 23448.html

Ich frage mich, ob so eine Abstimmung die Spaltung der Gesellschaft nicht befeuert. So kann da doch nichts zusammenwachsen.