Tannenbaumkrieg in Paris

Es ist eigentlich ein kleines Späßchen, das sich die Schüler der traditionsreichsten und angesehensten Gymnasien in Frankreich jedes Jahr zur Weihnachtszeit erlauben, aber jetzt ist Krieg. Mit der Folge, dass man jetzt in Frankreich ein zuvor fast unbekanntes Wort lernen muss. Judiciarisation. Nochmal langsam: ju-di-ci-a-ri-sa-tion. Zu deutsch: Verrechtlichung. Man kann das aber « Kriminalisierung » nennen.
Im Fünften Arrondissement in Paris gibt es drei Gymnasien, die sich gefühlt seit der Römerzeit gegenseitig necken, wie die Libération es formuliert. Eine Disziplin in diesem Wettbewerb ist die Geiselnahme von Weihnachtsbäumen, die zur Zeit überall im öffentlichen Raum stehen. Das Gymnasium, das die meisten drei bis sechs Meter hohen Bäume in einer nächtlichen Aktion entwendet hat, gewinnt. Die Beute wird in den Klassenzimmern aufgestellt für ein bis zwei Tage und dann fein säuberlich zurück zum Tatort gebracht.

Soll man dagegen etwas sagen? Etwas anderes machen als vielleicht mitgrinsen und der Jugend ihren Spaß lassen? Man soll, denken sich erst seit wenigen Jahren Parkschützer, Behörden, Polizei etc. So endete das Tannenbaummopsen vor zwei Jahren für einige Schüler in Polizeigewahrsam. Für dieses Jahr hat sich die harte Hand der öffentlichen Ordnung, getrieben von Parkaktivisten, etwas Besonderes einfallen lassen: Ein Brief an alle Schulleiter und das, was in etwa seit 5.000 Jahren die Keule der Zivilisation ist: Das Ziel, ein Exempel zu statuieren. Also hat man die Tannenbäume mit frischem Teer eingeschmiert, um den Weg der Beute zu verfolgen, von der Straße bis zum Klassenzimmer. Was dann? Die passende Klasse hätte man dann schon, fehlen nur noch die Täter selber. Weil junge Leute aber bei solchen Dingen unglaublich sozial sind, halten sie dicht. Also greift man sich schließlich die Klassensprecher, die für eine Woche (!) vom Unterricht ausgeschlossen werden.
Der Vater eines der sanktionierten Schüler sagte der Libération: « Es gibt hier eine quasi Verrechtlichung von etwas, das nur eine harmlose Tradition von Eingeweihten ist. Das spricht Bände über die Entwicklung unserer Gesellschaft. »

:arrow_right: Artikel auf Liberation.fr

Beknackt, oder? :unamused: Spielverderber!

Meine Güte, es geht um Weihnachtsbäume und nicht um die Abi-Klausuren.

Ist doch genauso wie die Tradion des Maibaumklauens.
:laughing:

Stellen die Franzosen überhaupt einen Maibaum auf? Vielleicht ist die Tradition in Frankreich ja auch unbekannt :wink:

Keine Ahnung, aber dafür klauen sie ja Tannenbäume. :laughing:

Interessant ist doch die Aussage des Vaters, dass diese Straf-Aktion etwas über die Enwicklung in der Gesellschaft aussagt.
Ist das so? Generationenkrieg, Krieg zwischen den Gesellschaftsschichten, Krieg gegeneinander, der sich in sowas ausdrückt? Dass sich heute jeder zu allem ein Urteil bildet und dann nach falsch oder richtig entscheidet, statt einfach mal zu sagen « Ist mir egal, damit habe ich nichts zu tun, lasse machen »? Es scheint schon so. Jeder tut heute so, als wäre er bei allem betroffen. Ich glaube nicht, dass die Leute nicht engagiert sind, sondern eher überengagiert - für Belanglosigkeiten.

Nein.

stellt euch nen weihnachtsbaum mit entsprechender grösse in den vorgarten, schmückt ihn und freut euch dann ganz ehrlich, wenn er geklaut wird.

wie alt ist diese tradition in frankreich? noch keine 100 jahre.