Ich bin Fan von gedruckten Reiseführern. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das einfach mehr drin steht als im Internet, außerdem ist es im besten Fall journalistisch kritisch betrachtet. Das Internet ist hier nur eine Ergänzung, wenn ich genaue Karten oder mehr Bilder haben möchte.
Ich benutze auch die Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag. Die sind zwar mit über 20€ etwas teuer (und ich eigentlich eher geizig, was schlecht zusammenpasst), aber sehr gut verarbeitet. Ein Reiseführer soll für jemanden, der nicht nur schnell anhand von dürftigen Stichworten von einem Restaurant zum nächsten hüpfen will, auch als Nachschlagewerk dienen. Mit den dicken Müller-Büchern kann man die Reise nicht nur vor-, sondern auch nachbereiten.
Richtig gut finde ich die persönliche Note des Autors. Ich habe den Provence/Côte d’Azur-Reiseführer von Ralf Nestmeyer (3.Auflage 2000) und gucke so oft rein, dass die Klebebindung sich schon auflöst. Der Reiseführer ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet, oft mit einem Augenzwinkern in selbst den kleinsten Notizen. Zum Beispiel in den praktischen Hinweisen zu Monaco, da sind erst ein paar Museen aufgeführt, dann Badeplätze, Minigolf und schließlich Waschsalons. Was will er denn jetzt mit Waschsalons? Aber er schreibt: „So etwas Banales wird man im Fürstentum vergeblich suchen“. Welcher Tourist würde auch in Monaco einen Waschsalon suchen wollen? Zumal bei allen anderen Städten der Hinweis fehlt, aber hier unterstreicht es den Charakter der Stadt, wie er ihn vorher beschrieben hat. Das finde ich sehr groß.
Man fühlt sich gut aufgehoben mit diesem Reiseführer, man hat den Eindruck, dass nicht nur irgendwelche Adressen zusammengestellt worden sind, sondern dass sie auch wirklich getestet worden sind. Außerdem mag ich die langen Spezial-Texte, mit Geschichten zu Landestypischem, etwa einer Reportage zu den deutschen Exilschriftstellern im 2.Weltkrieg in Sanary-sur-Mer oder der Frage, ob man sich der Küste von Italien aus nähern könnte statt über Frankreich zu fahren. (Ergebnis: Nein! Das ist wie den Dessert vor dem Hauptgang zu verspeisen.)
In meiner Ausgabe werden die Hinweise zu Hotels und Restaurants langsam alt, ich habe angefangen selber was reinzukritzeln. Dennoch aber findet das Buch immer wieder einen Platz im Koffer, wenn es an die Küste geht, trotz des sagenhaften Gewichts (bestimmt fast ein Kilo!)
Liest sich das jetzt, als wäre ich vom Verlag für meine Rezension bezahlt worden? Bin ich nicht. Aber ich bin nachträglich natürlich offen für eine Vergütung
Auch gut sind die englischen Lonely Planets. Ich weiß nicht, ob es die mittlerweile auch auf deutsch gibt. Die sind journalistisch ähnlich gut wie die vom Michael Müller Verlag, nur leider mit noch weniger Bildern. Ich habe gerne viele Bilder, auch wenn ich natürlich vor Ort bin, um mir alles selber anzugucken, aber ich möchte vorher schon zumindest Eindrücke vom Ortsbild bekommen.
Auch bei diesen Reiseführern gilt alles, was ich schon oben geschrieben habe, die persönliche Note, die Notizen zu jedem Restaurant-Tipp und die Spezial-Kästen. Auch Karten sind ausreichend vorhanden.
Seeeeehhhr viel dünner sind die Reiseführer von Marco Polo, ADAC, Polyglott und Go Vista. Das ist zwar bewusst das Konzept, aber ich finde es langweilig. Vor ein paar Jahren habe ich im Sonderangebot einen Marco Polo zu Ligurien erstanden, weil ich am überlegen war, ob sich nicht eine Reise dahin lohnen würde. Ich wollte ein bisschen darüber wissen, aber dieser Reiseführer ist absolut nicht dafür geeignet, sondern eher für Leute, die schon vor Ort sind und zwei-drei Sätze zu einem Tagesausflug wünschen. Immerhin gibt es Farbbilder und eine einzige Karte am Buchende. Die farbigen Spezialthemen für Auto- oder Wandertouren sowie für einen Segeltörn sind sicher praktisch.
Nach Ligurien bin ich immer noch nicht gefahren.
ADAC Reiseführer: Am Anfang fand ich die super, weil sie nur fünf Euro gekostet hatten, aber trotzdem ungefähr das Nieveau von Marco Polo erreichen, sogar noch etwas drüber. Es gibt etwas mehr Geschichte, kleine Spezialkästen und technisch bessere Fotografien, die einen guten Gesamteindruck vermitteln. Gut sind auch die Top-Tipps, die nochmal am Ende des Bandes vermerkt sind und jeweils mitten im Text unter der jeweiligen Stadt. Aber es ist wie immer: Wo versucht wird etwas gekürzt darzustellen, bleibt sehr viel auf der Strecke, es wird sich auf das Wesentliche beschränkt. Aber wer möchte schon so einen Urlaub machen? Wer nur drei Tage Zeit hat, gut, aber für alle anderen ist das nur eine Ergänzung zu einem richtigen Reiseführer.
Die Polyglott On Tours sind mittlweile neu generalüberholt, glaube ich. Ich habe ein etwas älteres Exemplar „Elsass Lothringen“ von 2002. Gut finde ich die etwas längeren Texte zu Beginn, die eine Einführung in den Landstrich mit allen ortstypischen Gegebenheiten bieten. Da kann man auch gut reingucken, wenn man noch nicht vor Ort ist. Die Tipps zu Hotels und Restaurants sind etwas knapp, Karten gibt es so gut wie keine. Nicht gut gefällt mir der Aufbau anhand von Autotouren. Alles ist in fünf Touren gepfercht, die unter einem Motto stehen (z.B. „Burgen und Töpferstädte“ oder „Fachwerk, Wein und Sauerkraut“). Zwangsläufig überschneiden sich somit einige Regionen, aber ein Ort ist immer nur einmal genannt und man weiß erst nach einem Blick in den Index, wo. Interessant sind die vorangestellten Spezialthemen von einem anderen Autor; auf jeweils zwei Seiten legt er den Schwerpunkt auf Themen wie Kristallerien oder Radtouren in der Region, mit Internetadressen zur weiteren Information.
Einen schmalen Vista Point Reiseführer habe ich von Paris. Der beschränkt sich wirklich nur auf Adressen von allem möglichen, Hotels, Clubs, Museen etc. Beinahe stichwortartig gibt es Hinweise, was man sich anschauen sollte. Einzig die Einführungstexte sind interessant für den, der sich noch nicht sicher ist, ob er nach Paris fahren sollte. Richtig gut ist die Karte zum Herausnehmen am Ende. Auf sie beziehen sich auch Randnotizen im Text, sodass man eine Adresse mühelos finden kann. Praktisch.