Diesen topic widme ich unserer ägyptophilen Liberstelle (vorausgesetzt, sie hat ihre Begeisterung für Hieroglyphen nicht bereits zugunsten von Kanji aufgegeben).
Die kleine Stadt Figeac im Departement Lot ist der Geburtsort des genialen Altertumsforscher und Ägyptologen Jean-Francoise Champollion (1790-1832).
Schon mit 20 Jahren wurde der sprachbegabte Sohn eines Buchhändlers Professor für alte Geschichte in Grenoble. Sein besonderes Interesse galt jedoch der Entzifferung ägyptischer Hieroglyphen, eine Idee, die allerdings in dieser Epoche auch viele andere Gelehrte in Europa verfolgen.
Auslöser der Ägyptenbegeisterung war die Ägyptenexpedition Napoleons und die von dort „mitgebrachten“ Kunstschätze. 1799 hatte ein Offizier namens Bouchard bei Rosette im Niltal eine Stele aus dem Jahr 196 v. Chr entdeckt, den sogenannten „Stein von Rosette“. Die Platte wies drei gleichlautende Inschriften in griechischer und demotischer Schrift sowie in den rätselhaften Hieroglyphen auf. Leider waren Teile der Schriften, insbesondere der Hieroglyphentext, durch Witterungseinflüsse stark beschädigt worden. Dank der gut erhaltenen griechischen Inschrift lag jedoch erstmals ein Schlüssel für die Entzifferung der Hieroglyphen vor. 1801 kam der Stein mit anderen ägyptischen Kulturgütern nach Frankreich, wo er großes Aufsehen erregte.
Der größte Konkurrent Champollions in dem Wettstreit um die Übersetzung des altägyptischen Textes war der Engländer Robert Young, der 1817 als erster von sich behauptete, den Text entschlüsselt zu haben und von der Fachwelt begeistert gefeiert wurde. Champollion zweifelte die Übersetzungsleistung jedoch an und galt fortan als der „Verrückte von Grenoble“. Tatsächlich wies Champollion später nach, dass Young die Struktur des Hieroglyphentextes nicht richtig erfasst hatte. Die Entzifferungdes Textes gelang ihm erst 1822, aber der gebührende Ruhm blieb Champollion in den politischen Wirren seiner Zeit mehr oder weniger versagt. Er starb bereits mit 42 Jahren an einem Schlaganfall. Die Raubbau an seinen physischen Kräften betreibende Forschungsarbeit, der Vorwurf des Hochverrats, in erbärmlichen Verhältnissen verbrachte Jahre der Verbannung und schließlich eine 18 monatige Forschungsreise nach Ägypten hatten seinem Leben vorzeitig ein Ende gesetzt.
Übrigens: 1815 hatte der Wiener Kongress beschlossen, dass die von Napoleon nach Frankreich verschleppten Kunstgegenstände an die Ursprungsländer zurückgegeben seien. Beim Stein von Rosette wurde allerdings eine Ausnahme gemacht: Auf Betreiben einer einzelnen (damals führenden) Nation kam der Stein nicht zurück nach Ägypten, sondern ins Britische Museum, wo er noch heute (!) zu bewundern ist.
Zu Ehren ihres berühmtesten Sohnes hat die Stadt Figeac auf der Place des Écritures eine Bodenplatte mit den vergrößerten Schriften des Steins von Rosette eingelassen. Als ich letzten Sommer dort war (inspiriert von dem -trotz des blöden Titels- durchaus lesenswerten Buch Der Ramsescode von Michael Klonovsky) habe ich die nachfolgenden Fotos gemacht.
Das Städtchen Figeac
Place des Écritures
Die ägyptische und demotische Inschrift des Steins von Rosette
Eine einzelne Kartusche
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