Die Côte d'Azur und ihr Hinterland

Was mir an deinen Geschichten immer so gut gefällt avonlea, ist der gar religiös/katholische Spannungsbogen, der sich auch hier wieder auffädelt. Jedem Glück steht ein langer beschwerlicher Weg des Verzichts, des partiellen Scheiterns, von Blut, Schweiß und Tränen bevor. :mrgreen:

Eigentlich habe ich ja gedacht dieses mal sind die Übeltäter für Irrwege, Missgeschicke und mangelnde Berghärte zu Hause geblieben… :chut:

Bin gespannt wies weiter geht und ob du mein weit abgelegenen „Tal der Freuden“ im Hinterland auch erreicht hast… :top:
Vas-y donaisèla :wink:

Nicht katholisch. Protestantische Arbeitsethik :wink:

Wieso denn Irrwege und Missgeschicke? Irrwege hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben und Missgeschicke :unamused: … Nun gut. Meine Begleitung vollbrachte eine gute Tat am Tag und ich eben ein Missgeschick täglich.

Ich mache gleich den nächsten Tag noch, wo schon im Fernsehen nichts läuft. Dann habe ich ja Zeit.

Wir setzen uns ins Ausland ab, Tag 2

Monaco muss schon sein. Das Hongkong des Mittelmeers, wie es Fürst Rainier III einst selbst nannte, gehört zur Côte dazu, obwohl es komplett anders ist als die restlichen Orte. Auf zwei Quadratkilometern muss man eben jedes Fleckchen nutzen und vor allem in die Höhe bauen. Wie diese Pflicht umgesetzt ist, ist faszinierend und lässt einen immer wieder staunen.
Der Bahnhof ist unterirdisch und dunkel wie in der U-Bahn. Edles Holz an den Wänden und in der Halle deuten aber schon an, wo wir hier sind. Mit Fahrstühlen geht es ans Tageslicht und dann quer durch Monaco. Die Richtung lautet 1. nach unten 2. Hafen.
Über zahlreiche Treppen und Fahrstühle und abschüssige aber perfekt in Wurmform gestaltete Straßen gelingt das. Es ist wieder warm, 26°C und Mittag, als wir auch noch die steile Straße hoch zum Casino nehmen. Aber ohne zu quengeln! Die Straße ist aber doch ganz schön steil. Ein Radfahrer fährt oben aus einer Ausfahrt raus und bekreuzigt sich und fährt dann bergab auf die anderen Autos zu und rechts an ihnen vorbei.

Es ist anzumerken, dass die Monegassen selbst mit protzerischen Ferraris an Zebrastreifen anhalten. Man muss nicht erst wagemutig mitten auf die Straße rennen und dabei ja nicht gucken, denn sonst merkt der Autofahrer, dass man aufpasst und fährt einfach weiter. Nein, in Monaco läuft das ordungsgemäß ab. Kein Wunder, bei den vielen Kameras. Diese Überwachung und Sicherheit bringt aber auch einige Freiheit mit sich. Wir sorgen uns nicht um die Tasche und Portmonnees.

Japanische Touristen vor dem Casino und der perfekt modellierte Garten erinnern mich an meine vergangene Besuche an der Küste. Monaco war immer meine Lieblingsattraktion gewesen.
Über Teile des Stadtkurses der Formel 1, die im Mai hier gastiert, machten wir uns an zahlreichen Baustellen vorbei auf zum japanischen Garten und dann durch den Tunnel. Auf der anderen Seite wurde dem Meer wieder ein Stück Land abgetrotzt, das jetzt begehbar ist und neuen Raum schafft für Gebäude, Gebäude, Gebäude und einen Spazierweg. Motto in Monaco: In jedem Foto ein Kran.
Es gibt jetzt auch einen Bateau Bus, der von hier zur anderen Seite des Hafens fährt, für einen Euro. Dann hätten wir aber das zweite Casino von Monaco verfehlt, am Blvd. Albert 1er. Mussten wir erst nach Monaco kommen um das beste französische Baguette zu bekommen? Und das auch noch in einem Supermarkt? Es schmeckte wunderbar und war in Windeseile unter einer Pinie verputzt. Hier hatte ich schon einmal gesessen und war nicht nur von einer Taube angeschissen worden sondern hatte mich damals auch auf meine Lieblingssonnenbrille gesetzt und sie zerstört. Fünf Jahre später sollte anders werden und das wurde es.
Im Hafen liegt das pure Geld. Hauptsache man hat eine Jacht mit Hubschrauberlandeplatz…

Le Rocher
Hoch zur Altstadt sollte es gehen. Immer wieder hoch, das war die Hauptrichtung in diesem Urlaub. Das Musée Océanographique ist wirklich sehenswert, allein das alte Gebäude mit sehr sehr hohen verzierten Decken und riesigen halbkreisförmigen Fenstern ist eine Attraktion. Es gibt Schiffmodelle, Mitbringsel von Reisen Albert 1er, der passionierter Seefahrer wurde und verschiedenste Expeditionen in alle Welt machte. Ein Walskelett gibt es und vor allem ein buntes Aquarium. Mein Lieblingsfisch ist der Poisson d’Argent, der silbrig ist und ganz platt wie eine Münze halt.
Ein bisschen durch die alten und blitzblanken Gassen streifen, Postkarten kaufen und das Postamt suchen für die Briefmarken. Ich war ja vor fünf Jahren schon einmal dort und die Altstadt ist so winzig, dass man es unmöglich verfehlen kann. Doch genau das passierte. Ich wurde schlecht gelaunt, meine beste Freundin ist kurz davor mir die Freundschaft aufzukündigen und eine Frau in einem Souvenirladen ist schlecht gelaunt, als ich frage, ob sie nicht auch diese verdammten Briefmarken verkauft.
„Non“, lautet die kurze Antwort, für die ich mich in die lange Schlange gestellt habe.
„Öhm… et où est-ce qu’on…“
„A l’office de poste.“
„Et où est cet office de merde?!“
„A droite.“
Dank dieser genauen Wegbeschreibung fanden wir die Post auch nach einer halben Stunde.

Auf einer Bank davor schrieben wir ein paar Karten, wie so viele andere Touristen das auch tun, während direkt vor unserer Nase seelenruhig ein LKW einparkte.
Dieses Jahr gibt es Marken mit Dante drauf, die fast Din-Format haben. Die gehen nur quer drauf. Nach so einem Spaziergang und schon wieder hungrig schätzt man aber auch sowas mal schnell falsch ein… (Dieses Malheur ist übrigens ausnahmsweise mal nicht mir passiert!)

Fazit: Einen halben Tag lang staunen im Häusermeer. Immer wieder spannend. Am nächsten Tag fuhren wir aber zum Ausgleich in die pure Natur, auf die Île Ste.Marguerite.


Raus aus dem Bahnhof und runtergucken auf den Hafen und die Schlucht bei Ste.Devote


Unten am Hafen. Links oben das Casino, rechts der Rocher


Hoch zum Rocher und runtergucken auf Le Grand Bleu


Von der hübschen Altstadt mit dem Schloss runterschauen auf das Häusermeer. Es gab mal eine Verfügung (in einem anderen Jahrhundert), dass kein Haus höher als 14 Meter sein durfte. Im Viertel La Condamine hielt man sich dran (links unten), dann kam das 20.Jh und alles wurde anders…

:astonished: Zum Postkartenschreiben nach Monaco, das ist ja der allerreinste Luxus :open_mouth: Die pure Dekandenz :open_mouth: :open_mouth: Des hat ja nicht mal der Monaco-Franze gemacht. :open_mouth: :open_mouth: :open_mouth: Monaco ist übrigens ein Fernziel auf das ich bisher noch nicht gekommen bin… allerdings… jetzt zum Ferarris am Zebrastreifen narren… ganz langsam rüberziehn… :wink: und in der Mitte einen Ausfallschritt (ich hoffe du bindest uns jetzt keinen Bären auf) :wink:

buff…
durchatmen und nochmal…
in gedanken mitklettern…

nee, echt schön geschrieben und echt schöne fotos. da warte ich auf mehr.

und alle achtung, wenn ich die bilder richtig deute, denn ich war noch nicht dort, wenn du in die höhe willst, dann brauchst du keine flugzeuge mehr…

ich freu mich auf mehr!!!

ps. ich fliege nicht mehr. alles was ich in dieser welt erreichen will, schaff ich entweder zu fuss, mit dem rad oder dem auto. und evtl. mit dem schiff.

An der Küste bestimmt nicht. Wenn ich es recht bedenke, ging es in dem Urlaub die ganze Zeit nur darum, die beste und schönste Aussicht zu bekommen (und sie zu erklettern).

Ich wäre auch nicht geflogen, aber es war das günstigste Verkehrsmittel. Umwelttechnisch tröste ich mich mit dem Gedanken, dass ich kein Auto fahre und nach 20 Jahren ohne Fliegen es ruhig mal versuchen darf :wink:

@ Cristo
Das mit dem Rumschnecken auf dem Zebrastreifen hätte ich gerne mal versucht. :laughing:
Ich möchte euch wirklich keinen Bären aufbinden, aber ich bin mir auch gar nicht mehr sicher, ob es nicht vielleicht doch ein Porsche oder ein Jaguar war, der anhielt.

das stimmt,mit den "höflichen"ps-boliden :smiley:
in monaco ist alles sehhhhr korrekt :stuck_out_tongue: :wink:

Wie schön. Das sind tolle Bilder und Eindrücke. Danke, dass Du sie mit uns teilst.
Da kann ich gleich mal in Erinnerungen schwelgen. Wir waren dort…ähm… ich war wohl noch ein Teenie. :blush: Als wir vor dem Fürstenpalast ankamen war grade Wachablösung. Und als eine dunkle Limousine aus dem Palast gefahren kam stritten zwei ältere Damen neben mir, ob wohl die Prinzessin (Caroline) oder die Fürstin drin saß. :laughing: So lange ist das also schon her. Aber ich fand es sehr beeindruckend und an die Klettereien kann ich mich gut erinnern. Aber ich stamme nicht aus dem Flachland und bin es gewöhnt dass es öfter mal bergauf-bergab geht. :wink:

Die Wachablösung in Monaco ist sooooo langweilig. Es passiert schlichtweg nichts. Ein Wachmann verlässt sein Kabuff und der andere übernimmt es. Und dafür steht man so lange an?

Die Île Ste.Marguerite

Seit Porquerolles habe ich nichts mehr gegen Inseln, im Gegenteil. Ich habe gelernt, dass man da einfach hinfahren kann und sie ganz und gar nicht die Einheit der Küste stören. Die Îles de Lérins sind auch etwas Feines und liegen direkt vor Cannes. Zwei größere Inseln sind es und paar kleine Felsen. Die Île Ste.Marguerite ist unbewohnt, auf St.Honorat, der kleineren der beiden, befindet sich ein bekanntes Kloster. Die Legende besagt, dass die Schwester vom heiligen Honorat die benachbarte Insel kaufte und auch dort ein Kloster baute um ihrem Brurder immer nahe sein zu können. Das klingt aber wirklich nach Legende…
Heute ist Ste.Marguerite im staatlichen Besitz und gehört zur Stadt Cannes.
Im Sommer ist besonders die Klosterinsel überfüllt mit Touristen, was die Mönche dort nicht freut. Ste. Marguerite ist etwas ruhiger, viel zu gucken gibt es nicht. Die Familien aus Cannes sollen am Wochenende zum Picknick herkommen um die Ruhe zu genießen und in den Buchten fast ungestört baden zu können. So etwas ähnliches haben auch wir vor.

Mit dem Zug geht es erstmals in den Westen. Wir passieren die Grenze des Flusses Var in einem Zug, der 40min Verspätung hatte, und stiegen um halb 12 am Bahnhof in Cannes aus. Es war wieder sehr warm und das schöne Wetter sowie das schöne Panorma am Hafen hätte auch zum Verweilen eingeladen.
Im Touristenbüro erschnorrten wir eine Stadtkarte und ein paar Prospekte, welche mir von der Frau, die mir die Karten für die Überfahrt verkaufte, wieder abgenommen wurden. Sie wollte da irgendwas gucken, gab sie mir aber nicht mehr zurück. Wie frech :imp:

Die Fähre war leer. Nur wir, eine Japanerin und noch ein Fahrgast fanden sich im Innenraum. Erst nach 12, als das Boot schon längst hätte ablegen sollen, trudelten weitere Touristen ein, sodas wir um die 20 Personen wurden, die in 15min rüber zur Insel geschippert werden sollten.
Als wir ankamen, war es wie eine andere Welt. Im Hafenbecken auf Ste.Marguerite hätte man baden können, das Wasser war klar und flach und direkt hinter dem Steg begann der Wald. Es gibt nur Wald dort. Pinien, Eukalyptus, allerhand andere Bäume die ich nicht kenne, Blumen und Gestrüpp.
Wir hatten vergessen, ein Baguette zu kaufen in Cannes. Auf Ste.Marguerite gibt es zwei Kioske (eins geschlossen, das andere fanden wir erst, als es zu spät war) und zwei Restaurants. Das „Dorf“ besteht aus ein paar wenigen Häusern, in denen aber niemand wohnt, und einem der Restaurants. Ein Blick auf die Preise und wir wollten uns mit letzten Kräften noch zu dem anderen Restaurant hinter dem Fort schleppen, in der Hoffnung dort günstiger speisen zu können.

Vom Festland abgeschnitten, welch ein Glück!

Ste.Marguerite ist die Insel, auf der der Mann mit der eisernen Maske im 17.Jahrhundert zwei Jahre lang eingesperrt gewesen war. Größte Sehenswürdigkeit neben der Landschaft ist das Fort, welches sternförmig angelegt ist.
Zwischen einer dicht bestandenen Baumallee geht es ein Stück die Straße hoch und man steht mitten in einer Jugendherberge, die dort untergebracht ist. Der Asphalt hört auf, die „Piazza“ ist mit Kies bedeckt und von alten Bäumen umrandet. Eine perfekte Kulisse für einen historischen Südfrankreichfilm.
Eine gute Sicht hat man von da oben. Rüber auf Cannes, das Esterel und zu dem dunstigen Osten der Côte d’Azur. Direkt unter dem Fort schaut man auf rötliche, hellbraune und weiße Klippen.
Ich muss nicht erwähnen, dass das zweite Restaurant nur in der Saison geöffnet hat und wir den ganzen Weg zurück machen mussten um eine Pizza Marguerita für 14€ zu bestellen. Soll der Kellner doch angepisst (tschuldingung) sein, wenn wir zwei uns eine teilen und das günstigste Getränk dazu nehmen. Orangensaft ist sehr erfrischend!

Auch frisch gestärkt geht es sich besser. Wir entdeckten eine Quelle mitten auf dem schlammigen Gehweg, aus der munter Wasser blubberte und die Treppen runter in den Wald lief.
Wir sahen sehr viel südländischen warmen Wald und schließlich im Südwesten der Insel die kleinen Buchten mit perfekter Sicht auf St.Honorat. Der Wind pfiff ganz schön und machte Haut und vor allem Haare salzig. Man konnte auf den Steinen rumklettern, in die kleinen Tümpel dazwischen springen und Steine suchen. Das hat Spaß gemacht und keine Menschenseele war da. Nur die Badebuchten waren schon besetzt und wir entschieden uns, nicht hier schwimmen zu gehen.
Infotafeln erklärten die besonderen Pflanzen- und Insektenarten, die es hier gibt und erinnern auch an einen verhehrenden Sturm, der die Insel im Dezember 1999 heimgesucht hat und die größten und ältesten Pinien fällte.

Die Insel ist sehr viel kleiner als Porquerolles, aber in einem halben Tag schafft man es immer noch nicht, sie ganz zu entdecken. So blieb nur ein Eindruck und der war gut. Viel Ruhe, nur Natur und eine eigene, kleine Welt unweit der Küste, aber dieser trotzdem so entrückt.
Am Nachmittag nahmen wir die Fähre zurück und schauten noch lange der Insel hinterher. Schönes Fleckchen Küste.


Im Fort mit der Jugenherberge und einem Museum. Was zu essen bekamen wir dort nicht.


Blick vom Fort auf den Hafen und das „Dorf“


Die Quelle. La Source d’Avonlea et de S.
In der linken Hälfte der Lache sind kleine Löcher, aus denen es rausblubberte.


Niedrige Klippen im Südwesten


St.Honorat

Informationen zur Insel
de.wikipedia.org/wiki/Sainte-Marguerite_(Insel
Bilder und Infos sowie eine Karte, Seite für die Fähre

…und wenn Du auf „La Corniche d’Or“ klickst, kommst Du zu „meinem zu Hause“: wunderschöne Bilder vom Cap du Dramont und der Ile d’Or, „meiner Insel“ wie ich sie nenne. Aber nach 48 Jahren habe ich auch ein moralisches Recht, das so zu sagen :heart:.

Ich kenne die Corniche dOr, Napoleon. Aber nicht vom Boot aus :wink:
Du kannst dein Land ja aber gerne hier vorstellen, der Titel des Threads erlaubt das ausdrücklich!

Jetzt geht es aber erstmal zurück nach Nissa la bella und dann nach Villefranche-sur-Mer.

Am nächsten Tag testeten wir morgens das Meer in Nizza. Tram und Busse fuhren von 9 bis 12 gar nicht, Streik. Also zu Fuß die 2,7km zum Meer.
Baden direkt an der Promenade mit Blick auf die Bucht und die Stadt hat was. Das Wasser ist herrlich hellblau, aber ein bisschen milchig, dort wo die kräftigen Wellen auf die Steine schlagen. Es ist Hinkelsteinstrand, der unter den Füßen weh tut und es deutlich erschwert, überhaupt ins Wasser zu kommen. Die Wellen ziehen einem merklich den Boden unter den Füßen weg und dieses Geröll schmerzt schon. Auch war nichts mit „Ich geh mal langsam ins Wasser“, nein sofort kam eine Welle angeschossen und hüllte uns komplett mit weißschaumigem Wasser ein. Dann bestand das Kunststück darin, nicht sofort wieder an den Strand gespült bzw. geworfen zu werden. Als das gelang, war das Meer selber zwar sehr sehr tief aber schön ruhig und vor allem warm. Kaum jemand war sonst noch im Wasser und wir drehten ein paar schöne Runden am Strand entlang. Feiner Start in den Tag!

Erst am Abend fuhren wir nach…

…Villefranche-sur-Mer

Einer meiner Lieblingsorte an der Küste. Kaum zu glauben, dass es nur wenige Kilomter westlich von Nizza, auf der anderen Seite des Mont Baron so ruhig und italienisch sein kann. Fischerboote liegen in der Rade wie Steine, alle wild verteilt und die nussschalengroßen Beiboote direkt am Quai.
Wir nahmen den Bus, der war im Wochenpreis der Karte mit drin.
Der Blick raus aus dem Bus, als er an der Kante des Mont Baron entlangfuhr und freie Sicht auf das Meer im Sonnenuntergang und auf den Hafen und in der Ferne die Promenade von Nizza bot, war einmalig schön. Hier hätten wir auch aussteigen und einfach nur dasitzen und auf das Meer und die Villen gucken können. Wie gut es die Leute hier haben!

Villefranche enttäuschte mich ein ganz wenig. Es war schön warm und alles nett, aber die Zeit hat meine Erinnerung wohl so stark verändert, dass ich mich nicht mehr zurecht finde. Ich hatte alles komplet anders in Erinnerung.
Touristen waren kaum welche da, die Restuarants am Hafen leer und in den Gassen nur Einheimische, die redeten und gestikulierten und ihre Wäsche von den Leinen vor den Fenstern nahmen.
Der Spaziergang war schnell gemacht. Kirche, die von Jean Cocteau ausgemalte und schon von außen schöne Kapelle am Hafen waren geschlossen und das Fort schauten wir auch nur aus der Ferne an.
Die Luft war aber schön, alles still. Ein bisschen fehlten die sommerlichen Zikaden, aber ansonsten erschien der Herbst der bessere Sommer zu sein.
Ein schöner Bummel durch ein schönes Dorf. Schade nur die wieder mal sehr zahlreichen Avenues de Crottes de Chien. Ein Wunder, dass bisher kein Unfall solcher Art passiert ist…


Treppe runter zum Hafen


Die Rue Obscure. Eine Straße, die komplett unter den Häusern durchführt. Es ist wie in Katakomben. Feucht, dunkel. Es gibt sogar Fenster von einigen Häusern, die nur auf diese Straße schauen. Faszinierend, aber kein schöner, sonniger Anblick.


Am Hafen. Meine Jacht sieht man gerade leider nicht. Gegenüber vom Hafen hier liegt Cap Ferrat. Auch das sieht man gerade nicht. Pech gehabt.


Das Cap Ferrat. Jetzt sieht man auch meine Jacht. Ich habe sie etwas weiter weg geankert. Ihr wisst schon, wegen der Hafentiefe in Villefranche…

:astonished: Wirkt sehr obskuhr die Straße… Rotlicht1/4 :unamused:
D’ailleurs : Deine Jacht ist inzwischen wohl untergegangen :wink:

A propos : Du solltest uns noch eine Überblickskarte liefern, damit alle den Überblick über die Region haben und nicht immer nachgugeln müssen

Ich dachte, ihr kennt euch aus in Frankreich!
Eine brauchbare Karte habe ich nicht gefunden, da musste ich selber eine unbrauchbare machen. Hoffentlich könnt ihr sie lesen.

Der letzte Teil der Reise kommt heute abend oder morgen. Mal gucken.

Salut Avonlea :laughing: ,

danke für Deine Karte, herzerfrischend, auch der Hinweis auf Afrika :laughing: Ist das Deine Karte, hast Du die gemacht :question: So hast Du wenigstens keine Probleme mit « Rechteinhabern »(Copyright) :exclamation:

:smiley: De la classe… jetzt musst du nur noch einzeichnen, wo der Schatz vergraben ist :wouaw:

Ich musste die Schatz-Passage leider schwärzen… Tut mir leid. :mrgreen:

Ja, die Karte haben ich natürlich selbst gemalt, extra für euch. Immerhin könnt ihr jetzt auch sehen, wo Menton ist. Dahin ging es am vorletzten Abend.

Nizza

Schon der vorletzte Tag! Es gibt in Nizza noch so viel zu sehen und so erklommen wir den Schlossberg und aßen vorher unten in der Altstadt Crêpe. Ich habe noch nie Crêpe gegessen, weil ich Eierkuchen schon nicht mag, aber es war ganz lecker und danach war ich satt. Und meine Pulloverjacke verklebt von Zucker. Mist.
Zum Schlossberg zwischen Promenade und Hafen gibt es entweder einen kostenpflichtigen Fahrstuhl hoch (lag nicht in unserem Budget) oder unzählige Treppen (lag nicht in den verfügbaren Kraftreserven, aber wurde trotzdem gemacht).
Die Sicht auf die Stadt und die gesamte Promenade des Anglais ist einmalig. Gut, dass es da oben auf der Plattform auch ausreichend Wind gab um unsere Tomatengesichter zu kühlen :laughing: Eigentlich war für den Tag Dauerregen angesagt, aber es war nur minutenweise leicht bedeckt.
Den Spaziergang brauche ich nicht beschreiben, das war langweilig. Gehen gehen gehen und immer wieder runtergucken und Fotos machen. Siehe unten!

Menton

Nach einem ausgiebigen Mahl mit zum fünften Mal Nudeln und Tomatensoße fuhren wir am späten Nachmittag in meine Lieblingsstadt an der Küste, Menton.
Das heißt zwar auch „Kinn“, aber leitet sich in diesem Fall von einem roten Berg ab, dem Mont d’Othon oder so ähnlich. Keine Stadt an der Küste ist italienischer, keine wärmer und keine bunter. Wenn die Zitronenbäume nicht gerade blühen, hängen sie voll mit Früchten. Zur Zeit waren sie gerade grün.
Menton ist gemütlich, das Meer schön ruhig und kein Lüftchen regt sich.
Auf dem Weg dorthin klatschen einzelne Wassertropfen auf die Scheibe des Zuges, aber in Menton hört es auf. Natürlich, ich hatte es genau so erwartet.
Wir steigen in Garavan aus und das erste, was wir tun, ist im Marché U am Port de Garavan Karamelpudding kaufen. Der ist eine Tradition und gehört unverkennbar zu Frankreich. Unten im Becher ist flüssiges Karamel, da drauf Vanillepuddig und oben süßes Crème Fraîche. Lecker lecker lecker! Meine Freundin, die noch nie in Frankreich war und der ich alles zeigen wollte, bekam zwei davon vorgesetzt und ich nahm die anderen zwei. Sie wurden auf der Promenade Porte de France (Richtung Italien raus) verspeist. Wir hatten Blick aufs Meer und rechts von uns auf die schöne Altstadt, die wie ein Tortenstück am Hügel hängt und in der jedes kleine Häuschen, jedes Dach mit Terrasse drauf sich nach der Sonne reckt.
Die Leute haben ganz schön geguckt, aber was ist Außergewöhnliches daran, auf einer Bank zu sitzen und Pudding zu löffeln? Wahrscheinlich, dass es abends war. Ich habe das Gefühl, als hätte uns tagsüber niemand gesehen.
Es wurde ganz langsam dunkel, hinter den Wolken ging die Sonne unter. Keine Touristen da. Die Promenade gehört in diesen Abendstunden Joggern und Radfahrern. Einer hält an und fragt uns nach dem Weg. Da mussten wir uns als Touristen outen.

Bummel durch die Altstadt

Die Kathedrale hat zwei sehr ungleiche Türme, links einen kleinen und rechts einen prächtigen. Warum, das weiß ich auch nicht, aber es gehört unverkennbar zum Stadtbild von Mentone, wie es hieß, als es noch zu Italien gehörte. Ein kurzer Blick nach links, nach Ventimiglia und dann frage ich mich, wie viele von den Autos, die hier lang brausen was schmuggeln und welche Fahrer sich gerade nach Italien absetzen wollen.
Wir gingen die prächtige Treppe vor der besagten Kathedrale hoch, vorbei an zwei rumlungernden Jugendlichen und einer Horde Fußballspielender auf dem Platz vor der Kathedrale.
Unser Ziel ist der Friedhof, der vielleicht schönstgelegene der Welt? Zumindest der schönste an der Küste. Man hat einen wundervollen Blick auf die ganze Baie de Garavan bis rüber nach Italien und auf die Berge. Dort fällt besonders die Autobahnbrücke auf, die sehr hoch liegt auf einer Brücke und dann im Berg verschwindet. Nach Italien.
Eine Weile stehen wir oben auf der Aussichtsplattform neben dem Friedhof und genießen die blaue Milde des Abends unter leichten Wolken, die machen, dass es aussieht, als gehe die Sonne im Osten unter.
Ich werde ein bisschen sentimental, mit Menton verbinde ich so viele Erinnerungen und schöne, gemütliche Bilder. Ich denke wieder daran, wieviel Glück die Leute haben, hier wohnen zu dürfen.
Heute ist der vorletzte Tag und Menton der letzte Küstenort auf unserem Plan, der letzte Ort, den ich kenne. Morgen steht unbekanntes Terrain an.

Die Kirche wird schon im Dunkeln orange angestrahlt, als wir durch die italienisch anmutenden Gassen zurück zur Kathedrale gehen und dann weiter runter in die Einkaufs- und Restaurantstraße.
Kurz bevor es ganz dunkel wird, erreichen wir die zweite Promenade links der Altstadt Richtung Cap Martin raus. Alles ist ganz blau und es riecht nach Essen von den zahlreichen Restaurants, die ihre Tische auf die Promenade du Soleil gestellt haben.

Es ist längst dunkel, als wir beinahe als Einzige auf dem Bahnhof stehen. Die Kompostierer sind plötzlich riesig laut und zerstören die ganze schöne Stimmung. Den Express-Zug nach Nizza haben wir auch fast für uns alleine. Draußen sieht man nichts, alles ist schwarz und erst das Cap Ferrat hat sich viele Lichter, die wie zuckende Glühwürmchen ausehen, aufgesetzt. Schön. Alles schön. Ich bin zufrieden und glücklich, Menton wiedergesehen zu haben, auch wenn es nur ein sehr kurzer Ausflug war.


Nizza von oben


Hafen von Nizza


Menton, Promenade Porte de France. Da vorne auf der Bank saßen die Puddinglöffler.


Altstadt, gesehen von Porte de France aus.


vom Friedhof aus

Das mit den zwei verschiedenen Türmen kann daran liegen, dass sich während der langen Bauzeit der Stil geändert hat.

Ich habe es nachgeguckt: Der kleinere der beiden Türme gehörte zu dem mittelalterlichen Vorgängerbau, die Kathedrale ist erst seit dem 17.Jahrhundert eine solche.

Es sieht schon komisch aus, besonders wenn man direkt davor steht. Aus der Ferne denkt man, es seien zwei Kirchen. :confused:

Aber gut, dass sie den alten Turm nicht zerstört haben…